Wilhelm Lehmann-Tage

Wilhelm Lehmann-Tage


Die Wilhelm-Lehmann-Gesellschaft gestaltet jedes Jahr eine zweitägige Veranstaltung mit Vorträgen, Diskussionen und Lesungen. Auf eine Abendveranstaltung mit Autorenlesung, Podiumsgespräch oder musikalischer Darbietung folgen am Sonnabendvormittag in der Regel Vorträge und Diskussionen zum jeweiligen Themenschwerpunkt. Das inhaltliche Spektrum ist sehr breit:
Die Lehmann-Tage widmeten sich „Wilhelm Lehmanns Begriff von Dichtung“ und begaben sich auf den Spuren Wilhelm Lehmanns an die Handlungsorte des Romans „Der Provinzlärm“ und an Orte und Landmarken, die im „Bukolischen Tagebuch“ erwähnt werden (2005 und 2008), beschäftigten sich mit Lehmanns Biographie (2006 mit einer Sonderausstellung) und „dem Indischen“ in seinem Werk, ließen aber auch junge Poeten der Berliner Szene um den Verlag „kookbooks“ zur Wort kommen (2007). Das Projekt „Mein Naturgedicht“ wurde 2010 vorgestellt und 2011 gleich zwei neue Publikationen präsentiert: Die deutsche Übersetzung der Lehmann-Biographie von David Scrace und das „Wilhelm-Lehmann-Lesebuch“. Kontrovers wurde Lehmanns Rolle als Pädagoge und Lehrer an der Eckernförder Jungmann-Schule diskutiert (2012) und 2014 unter dem Titel „Lehmann und der Krieg“ die Kriegsromane „In Stahlgewittern“ von Ernst Jünger und Lehmanns „Der Überläufer“ in Vorträgen, Diskussionen und einer multimedialen Schüler-Performance miteinander verglichen. Die Lyrikerinnen Ulrike Almut Sandig und Kerstin Preiwuß und die Lyriker Jan Wagner und Nico Bleutge gingen 2015 der Frage nach: „Was ist ein gelungenes Gedicht“ und die begleitende Ausstellung „Musenküsse“ zeigte Gegenstände, die die Autorinnen und Autoren zu ihren Texten inspirierten. In jenen Jahren, in denen der Wilhelm-Lehmann-Preis verliehen wurde, standen die Lehmann-Tage ganz im Zeichen des jeweiligen Preisträgers oder der Preisträgerin. Aktuelle kulturelle Debatten und Entwicklungen nahm die Tagung 2017 zum Thema „Natur, Poesie und Ökologie“ auf, während die Jubiläumsveranstaltung zum 50. Todestag Wilhelm Lehmanns 2018 den Eckernförder „Überläufer zur Natur“ als einen Klassiker des Eigensinns würdigte. Weit gefächert war die Tagung 2019, auf der am Freitagabend über „Natur in der Lyrik“ gesprochen und am Sonnabend über Lehmanns Verhalten in der NS-Zeit diskutiert wurde. Die Beziehung Lehmanns zu Irland, seinen Mythen und zum irischen Dichter und Politiker William Butler Yeats ist Gegenstand der Lehmann-Tage 2021. Diese gehen an zwei Veranstaltungsorten ‚über die Bühne‘: dem Spieker im Hafen und wie gewohnt dem Ratssaal der Stadt im Rathaus in unmittelbarer Nähe zur Lehmann-Büste und zum Stadtmuseum.

Haus

„Es kommt mir fast vor, als hätte ich früher nie gesehen. Ein Stein, eine Baumborke frappiert mich. Greift mich bisweilen so an, dass ich es abschütteln muss. Wissen Sie, Herr Lehmann, das ist das Indische: Das bist du.“ Zitat: Alfred Döblin

Wilhelm-Lehmann-Tage 2023

Die Wilhelm-Lehmann-Tage 2023 zum Thema „Literarische Wertungen und Preise – Eine Reflexion zum Anlass von 100 Jahren Kleist-Preis an Wilhelm Lehmann 1923“ bestehen in diesem Jubiläumsjahr aus drei besonderen Einheiten: einem Symposium, einer Preisverleihung und einer literarischen Lesung.

Im November 1923 erhielt Wilhelm Lehmann gemeinsam mit Robert Musil den Kleist-Preis, den bedeutendsten Literaturpreis der Weimarer Republik.

100 Jahre später nimmt die WLG dieses Jubiläum zum Anlass, sich den Formen und Maßstäben literarischer Auszeichnungen aus verschiedenen Perspektiven zu nähern. Sie möchte Lehmanns literarische Bedeutung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Erinnerung rufen und seine Rolle im literarischen Kanon seiner und der jetzigen Zeit reflektieren. Zum anderen soll durch die über Lehmann hinausgehende Blickrichtung auf die Praxis literarischer Wertungsprozesse eine tiefergehende Beschäftigung mit den Strukturen des literarischen Feldes angeregt werden.

Wilhelm-Lehmann-Tage 2022

„Als ob die Landschaft eine Bühne sei“

Die Wilhelm-Lehmann-Tage 2022 finden zum Thema „Der grüne Gott“ am 18./19. November 2022 in der Alten Bauschule in Eckernförde statt.

Im November 1942 erschien Wilhelm Lehmanns zweiter Gedichtband mit dem Titel Der grüne Gott. Diese Formulierung geht zurück auf Lehmanns Freund und Ratgeber, den Lyriker und Lektor Oskar Loerke. „Der grüne Gott“ – in diesem Titel bündelt sich wie in einem Brennglas ein wesentlicher Zug an Lehmanns Verhältnis zur Natur: das Bezaubernde, Geheimnisvolle, Entzückende, das von ihr ausgeht und ihn zu (fast) religiöser Andacht vor ihr nötigt. Darin liegt zugleich eine Haltung, die die Natur nicht um des Menschen, sondern um ihrer selbst willen als schützens- und erhaltenswert achtet.

Die Wilhelm-Lehmann-Tage 2022 werden am Freitagabend, 18.11.2022, 19-21 Uhr, mit Lesung und Musik im „Spieker“ am Eckernförder Hafen eröffnet. Die Schauspielerin Rachel Behringer liest ausgewählte Gedichte aus dem Band Der grüne Gott, das Trio Nidaš geht den poetischen Bildern musikalisch mit Kompositionen aus Klezmer, Klassik, Tango und Gipsy Swing auf die Spur.

In der Vortragsveranstaltung am Samstag, 19.11.2022, 10-13 Uhr, spricht der Literaturwissenschaftler Wolfgang Menzel zu „Oskar Loerke, Wilhelm Lehmanns Berliner Dichterfreund“. Der Autor Carsten Kluth unternimmt einen „Versuch über Wirklichkeit und Wirkung von Nature Writing“. Im anschließend von Beate Kennedy moderierten Podiumsgespräch erörtern die Vortragenden zusammen mit dem Theologen Dirk Schmid weitere Facetten des „Grünen Gottes“. Die Schauspielerin Rachel Behringer trägt Texte von Loerke, Lehmann und aus dem aktuellen Nature Writing vor.

Dieser Teil der Jahrestagung findet in der Galerie 66 der Alten Bauschule in Eckernförde, Kieler Straße 78, statt; Einlass ist ab 9:30 Uhr. Der Eintritt ist frei; um Spenden wird gebeten.

Wilhelm-Lehmann-Tage 2021

Aufgrund der anhaltend komplizierten Pandemie-Situation konnten die Wilhelm Lehmann-Tage sowie die Mitgliederversammlung der Gesellschaft nicht wie geplant im Mai stattfinden. Sie wurden auf den 19./20. November 2021 verschoben.

Wilhelm Lehmann am Schreibtisch

Die Beziehung Lehmanns zu Irland, seinen Mythen und zum irischen Dichter und Politiker William Butler Yeats war Gegenstand der Lehmann-Tage 2021. Veranstaltungsorte waren der Spieker im Eckernförder Hafen und der Ratssaal der Stadt in unmittelbarer Nähe zur Lehmann-Büste und zum Stadtmuseum.

Wilhelm Lehmann Tage 2021

Irisches und Mythisches

19. und 20. November, Eckernförde, Spieker, Am Hafen 24 und Ratssaal, Rathausmarkt 4-6

Deutsche Schriftsteller und Irland – da denken viele zuerst an Heinrich Bölls „Irisches Tagebuch“. Wenig bekannt ist, dass auch Wilhelm Lehmann eine besondere Beziehung zu Irland hatte. Die Wilhelm-Lehmann-Tage 2021 widmen sich dem Irischen bei Lehmann – seiner dichterischen und essayistischen Auseinandersetzung mit keltischen (und anderen) Mythen sowie mit irischer Poesie und insbesondere dem Dichter und Zeitgenossen William Butler Yeats (1865-1939). Erstmals beginnen die Lehmann-Tage mit einem musikalischen Auftakt am Freitagabend im „Spieker“, der Kleinkunstbühne und Partylocation im historischen Hafenspeicher. Stefanie Oeding und die Musiker des Duos Pabameto präsentieren in einer literarisch-musikalischen Lesung Texte, Gedichte und Lieder von William Butler Yeats im Stil des Irish Folk und der Weltmusik (trad. und Eigenkompositionen).

Am Samstag widmet sich der Theologe Dirk Schmid der Merlin-Figur und dem Mythischen in Werk Wilhelm Lehmanns und der Lyriker und Yeats-Übersetzer Norbert Hummelt spricht über die „Konstellation Lehmann und Yeats.“ Eine Gesprächsrunde über Lehmanns bemerkenswerten Irland-Roman „Die Schmetterlingspuppe“ (1918) rundet die kleine Tagung ab.

Plakat Wilhelm-Lehmann-Tage 2021

Wilhelm-Lehmann-Tage 2020

Plakat Wilhelm-Lehmann-Tage 2020

Wilhelm-Lehmann-Tage 2020

Die Wilhelm-Lehmann-Tage finden aufgrund der Coronavirus-Krise in diesem Jahr erst am 02./03. Oktober 2020, wie immer im Ratssaal der Stadt Eckernförde, statt.

In diesem Rahmen wird auch die alljährliche Mitgliederversammlung mit Wahlen des Vorstands durchgeführt: Freitag, 02. Oktober 2020, 16:00 Uhr, im Ratssaal in Eckernförde.

In diesem Jahr wird der Wilhelm-Lehmann-Literaturpreis zum sechsten Mal verliehen, und zwar am Samstag, den 03. Oktober 2020 im Rahmen der Wilhelm-Lehmann-Tage. Dieses Mal würdigt er erstmals besondere Leistungen auf dem Gebiet der erzählenden Prosa im 21. Jahrhundert und zeichnet ein nach der Jahrtausendwende entstandenes Werk einer Autorin oder eines Autors aus.

Wilhelm-Lehmann-Tage 2019

Lehmann und die Anderen. Begegnungen in Dichtung und Leben

Am 10. und 11. Mai 2019 finden im Ratssaal der Stadt Eckernförde die Wilhelm-Lehmann-Tage statt. Mit dem seit 2009 verliehenen Wilhelm-Lehmann-Literaturpreis der Stadt Eckernförde werden herausragende Leistungen in den Bereichen Lyrik, Erzählung und Essay gewürdigt.

Mitwirkende der diesjährigen Wilhelm-Lehmann-Tage sind Erle Bessert, Heinrich Detering und Wolfgang Menzel.

Das ausführliche Programm finden Sie hier als Folder.

Wilhelm-Lehmann-Tage 2018

Im kommenden Jahr wird die Wilhelm-Lehmann-Gesellschaft das 50. Todesjahr Lehmanns mit mehreren Veranstaltungen feierlich begehen.

Am 4. und 5. Mai 2018 finden die nächsten Wilhelm-Lehmann-Tage statt, wieder im Ratssaal der Stadt Eckernförde. Dort wird zum fünften Mal der Wilhelm-Lehmann-Literaturpreis verliehen, erneut im Bereich der Lyrik. Ein Programm aus Lesung, Vorträgen und Diskussionen wird die festliche Preisverleihung rahmen.

Die Mitgliederversammlung der WLG findet am 4. Mai 2018 statt.

Näheres zur Veranstaltung und zur Preisverleihung im Prospekt.

Von Oktober 2018 bis Januar 2019 wird das Museum Eckernförde eine Wilhelm-Lehmann-Ausstellung veranstalten, die in Kooperation mit der Wilhelm-Lehmann-Gesellschaft gestaltet und von einer Lese- und Vortragsreihe begleitet wird.

*****

Anlässlich des 50. Todestages des Dichters Wilhelm Lehmann (1882-1968) am 17. November veranstaltet die Wilhelm-Lehmann-Gesellschaft gemeinsam mit dem Museum Eckernförde einen Lehmann-Herbst: am 28. Oktober 2018 um 11.30 Uhr eröffnet eine Sonderausstellung zu Leben, Werk und Wirkung des Autors im Museum Eckernförde unter dem Titel “Der Wanderer und der Weg” mit einer Lesung von Hanns Zischler. Die Ausstellung endet am 6. Januar 2019 mit einer Finissage.

Hanns Zischler

Am 17. November 2018 von 15.00 bis 18.00 Uhr findet die Jubiläumsfeier “Klassiker des Eigensinns – Eckernfördes Überläufer zur Natur” im Ratssaal in Eckernförde statt. Die Festrede hält Stephan Wackwitz, Lehmann-Preisträger des Jahres 2016, gefolgt von Lesung und Gespräch von und mit Doris Runge. Die Lehmann-Preisträgerin des Jahres 2018, Ulrike Almut Sandig, liest aus ihrem Werk “Grimm”, der Berliner Lyriker Mikael Vogel aus seinen Texten “Über die Auslöschung der Arten”. Im Anschluss an die Festveranstaltung wird eine Führung durch die Ausstellung im Museum angeboten.

Stephan Wackwitz
Doris Runge
Ulrike Almut Sandig

Museum Eckernförde
Rathausmarkt 8
24340 Eckernförde

Rathaus Eckernförde
Rathausmarkt 4-6
24340 Eckernförde

Wilhelm-Lehmann-Tage 2017

Freitag, 5. Mai 2017 (19 Uhr) bis Samstag, 6. Mai 2017 (13 Uhr)

Die Wilhelm-Lehmann-Tage finden 2017 im Eckernförder Ratssaal statt.

Sie beginnen am Freitag, 5. Mai 2017, mit der Mitgliederversammlung (16-18 Uhr). Einlass für die Öffentlichkeit in das Foyer des Rathauses ist 18:30 Uhr.

Offiziell eröffnet werden die Wilhelm-Lehmann-Tage am Freitag, 5. Mai 2017, um 19 Uhr. Sie werden am Samstag, 6. Mai 2017, um 10 Uhr fortgesetzt und enden um 13 Uhr.

Die WLG präsentiert auf den diesjährigen Lehmann-Tagen das jahrelang vergriffene "Bukolische Tagebuch", das nun in der von Judith Schalansky herausgegebenen bibliophilen Reihe "Naturkunden" bei Matthes & Seitz neu erscheint.

Detaillierte Informationen finden Sie im Prospekt zu den Wilhelm-Lehmann-Tagen 2017.

Wilhelm Lehmann, Bukolisches Tagebuch

Wilhelm-Lehmann-Tage 2016

Freitag, 20.05.2016

Vor Beginn der Mitgliederversammlung wurde ein von Schülerinnen und Schülern des 13. Jahrgangs der Eckernförder Jungmannschule produzierter Film mit Interviews und Zeitzeugnissen ehemaliger Schüler und Zeitgenossen Lehmanns gezeigt, der atmosphärisch durch Rezitationen von Lehmann-Gedichten und Kamerafahrten durch Lehmann-Landschaften abgerundet wurde.

Abendveranstaltung

Der Preisträger Stephan Wackwitz las aus "Die Bilder meiner Mutter" und sprach über die Rolle der Mode im Blick auf das Frauenbild in der sich wandelnden Gesellschaft der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Stephan Wackwitz, Preisträger des Wilhelm-Lehmann-Preises 2016

Samstag, 21.05.2016

Der Wilhelm-Lehmann-Literaturpreis 2016

geht an den 1952 geborenen Schriftsteller Stephan Wackwitz für seinen essayistischen Prosaband "Die Bilder meiner Mutter" (Frankfurt am Main: S. Fischer, 2015). Die Jury lobt das autobiographische Projekt, das in einer Reihe insgesamt bemerkenswerter essayistischer Arbeiten des Autors stehe. Es porträtiere über die Darstellung des Lebenslaufes der Mutter die Entwicklung einer ganzen Generation von Frauen in der Nachkriegszeit. In einer klaren, pathosfreien Sprache, die Dokumentation und Reflexion verbinde, beschreibe Wackwitz eindrücklich, wie diese Generation historisch und künstlerisch geprägt wurde – und selber prägend werden konnte.
Die Laudatio hielt Lothar Müller. 
Sie soll zeitnah zusammen mit der Dankesrede des Preisträgers überregional veröffentlicht werden.

Das Podiumsgespräch mit Uwe Pörksen und Uwe Herms, moderiert von Wolfgang Menzel, zeigte die Unterschiedlichkeit der beiden "Überläufer"-Romane von Siegfried Lenz und Wilhelm Lehmann auf.

Bericht im SHZ

Bericht der Eckernförder Zeitung.

Wilhelm-Lehmann-Tage 2015

Musenküsse

Ausstellung im Rathaus Eckernförde (28.04.-18.05.2015)

Jan Wagner, Ulrike Almut Sandig, Nico Bleutge, Kerstin Preiwuß stellen Inspirationen für ihre Texte aus.

Kerstin Preiwuß, Nico Bleutge, Jan Wagner, Ulrike Almut Sandig, Beate Kennedy und Doris Runge

Im Anschluss an die Mitgliederversammlung fand der Leseabend im bis auf den letzten Platz gefüllten Rathaussaal großes Interesse. Wie im vergangen Jahr war auch der Lehmann-Biograf David Scrase aus den USA angereist.

Am Samstag Vormittag setzten sich das "Lyrische Quartett" mit den Fragen der Poetologie Lehmanns und heutiger Lyrik auseinander. Was ist ein gelungenes Gedicht? Wie endgültig ist die gefundene Form? Wie werden Impulse zum Gedicht? Was hat das Gedicht mit dem Autor zu tun? Verändert Kunst die Wirklichkeit und ihre Wahrnehmung?...

Die Diskutierenden fanden Aussagen auf hohem Niveau und boten persönliche Bekenntnisse zum Schaffensprozess in einer rasant sich verändernden Welt. (Es soll versucht werden, die wichtigsten Passagen schriftlich zusammenzufassen)

Die Eckernförder Zeitung hat besonders ausgiebig berichtet – bestimmt deshalb, weil es wirklich eine gelungene Veranstaltung war. Das empfanden wohl auch unsere Gäste so.
Jan Wagner schreibt: „... es war eine Freude in Eckernförde, ich habe die kurze Zeit, die Begegnungen, die Gespräche sehr genossen!“.
Und Ulrike Almut Sandig: „... wieder aus Hamburg zurück, Koffer ausgepackt - aber der Kopf ist noch voll von der schönen Zeit in Eckernförde!“.
Und Kerstin Preiwuß schreibt: „... es hat noch gut geklappt mit dem Nachhausekommen, auch wenn der Zug zwischen Kiel und Hamburg liegen blieb und sogar die Uhr stehen blieb, weil die Lok einen Triebwerkschaden hatte - allerdings brachte dann ein unverhoffter ICE Nico Bleutge und mich wohlbehalten nach Berlin, von wo ich dann in den Fernbus stieg. - Schön war’s bei Ihnen, wir haben es sehr bedauert, dass es am Ende alles so knapp war.“

Wilhelm-Lehmann-Tage 2014

Lehmann und der Krieg

Freitag, 9. Mai

Schülerinnen und Schüler des 12. Jahrgangs der Jungmannschule Eckernförde zeigten eine Performance in Form einer szenischen Text-Bild-Ton-Collage, die einen Vergleich von Textaussagen zum Ersten Weltkrieg unternahm, wie sie sich in den Romanen Der Überläufer von Wilhelm Lehmann und In Stahlgewittern von Ernst Jünger finden. Betreut von Frau Kateryna Kharytych: Jonas Berg, Luca Siegel, Malte Maaß, Farina Neißler. Die Performance hinterließ einen tiefen Eindruck bei den Zuschauern.

Es folgten zwei Vorträge:

Dr. Wolfgang Menzel: Wilhelm Lehmann und der Kriegsroman der 20er Jahre

Prof. Dr. Uwe Pörksen: Ernst Jüngers Erlebnis des Krieges und Wilhelm Lehmanns Verweigerung

Sonnabend, 10. Mai

Musikalische Einleitung durch die sechzehnjährige Violinistin Marit Behnke, Schülerin der 11. Klasse des Ernst-Barlach-Gymnasiums in Kiel und Mitglied im Landesjugendorchester Schleswig-Holstein.

Buchvorstellung

Anstelle einer neuen Ausgabe der Reihe Sichtbare Zeit erschien ein Auszug des Romans Der Überläufer, im Auftrag der WLG herausgegeben und kommentiert von Wolfgang Menzel, mit einem Geleitwort von Günter Kunert, der auch das Umschlagbild zur Verfügung stellte.
Die Kapitel zu Krieg und Gefangenschaft machen Lehmanns Werk zum radikalsten Antikriegsroman der deutschen Literatur, - und eines der wenigen Bücher, die eine Desertion thematisieren, wird mit dem vorliegenden Auszug neu zugänglich gemacht.
Unterstützt wurde die Ausgabe durch die Bertha-von-Suttner-Stiftung (Dortmund).
Als Nr. 27 hat der Verleger Helmut Donat (Bremen) das Buch in seine Schriftenreihe "Geschichte & Frieden" aufgenommen und selbst zusammen mit Wolfgang Menzel in Eckernförde vorgestellt.

Grußworte zum 10jährigen Bestehen der WLG

Bürgermeister Jörg Sibbel (li.) überbrachte die Glückwünsche der Stadt und würdigte die Bedeutung der Wilhelm-Lehmann-Gesellschaft für das kulturelle Leben in Eckernförde. Im Namen der Fördesparkasse und der Sparkassenstiftung Schleswig-Holstein überreichte Caje Petersen den symbolischen Scheck.

Auch der Verfasser der großen Lehmann-Biographie, Prof. em. der University of Vermont, David Scrase, beglückwünschte die Gesellschaft zu ihrem 10jährigen Bestehen.

Ann Cotten bei der Preisverleihung mit Beate Kennedy und Ina Hartwig (li.)

Ann Cotten

Die dritte Preisverleihung geht an die in Berlin lebende, in Iowa geborene, in Wien aufgewachsene Dichterin mit literaturwissenschaftlichem Hintergrund Ann Cotten. Als Laudatorin hob die Literaturwissenschaftlerin und Moderatorin der "Kulturzeit" in 3sat, Ina Hartwig (li.) hervor:

Ann Cotten ist ein Glückskind – auch wenn sie nicht so schreibt. Ihre Sachen sind nämlich auf den ersten Blick ziemlich störrisch. Nennen wir sie versuchsweise ein störrisches Glückskind.
Es geschieht nicht allzu oft, dass sich im zähen Fluss des Kritikerdaseins dieser Kick einstellt. Man liest ein paar Zeilen und spürt sofort: Das ist neu. Das ist gut. Man will wissen, wer das geschrieben hat. So erging es mir, als ich die „Fremdwörterbuchsonette“ in die Hand bekam.
Pippi Langstrumpf hat einmal eine Pille geschluckt, um nicht groß werden zu müssen; und auch Ann Cottens Figuren schlucken, nicht nur im übertragenen Sinne, Pillen. Sie sehnen sich sehr nach der Unbestimmtheit, weil darin die Freiheit schlummert und die Schönheit. Es ist tatsächlich verblüffend, mit welcher geradezu reinen Bereitschaft die Autorin, die doch aus der Wiener Schule der Sprachskepsis kommt, die Schönheit sucht, beschwört und feiert.
Ihre Figuren köcheln auf dem „Gas der Jugend“, wie es über den wertvollen Rohstoff in einer Erzählung aus dem „Schaudernden Fächer“ heißt. Diese Figuren leben in der Gegenwart, aber fühlen wie ihre Vorgänger. Ja, dem Gerede von der Entzauberung setzt Ann Cotten einen schönen Trotz entgegen. Einen Trotz, der sich nicht im Verlorenen einrichtet.

Die Lesung aus ihren Werken am Abend ging über in ein angeregtes Gespräch mit den Zuhörern, in dem auch die poetologische Kompetenz der jungen Autorin eindrucksvoll sichtbar wurde.

Ann Cotten 2014 in Eckernförde

Nach der Mitgliederversammlung

Die aktuelle Besetzung des Vorstands der Wilhelm-Lehmann-Gesellschaft bei der Mitgliederversammlung am 09.05.2014 (von links nach rechts): Prof. Dr. Uwe Pörksen (Freiburg; Beisitzer); Karl-Heinz Groth (Goosefeld; Beisitzer), Dr. Wolfgang Menzel (Karlsruhe; stellvertretender Vorsitz), Beate Kennedy (Windeby; Vorsitzende), Dr. Adolf Nottrodt (Eckernförde; Kassenwart); Dietrich Fröhler (Windeby; Schriftführer), Dieter Schütz (Kiel; Beisitzer), Jutta Johannsen (Kiel; Beisitzerin)

Wilhelm-Lehmann-Tage 2013

Freitag, 3. Mai 2013, 19:00 Uhr

Doris Runge: "Wiederbegegnung mit einem Unbekannten" – "Zwischen Tür und Engel"
(Vortrag und Gedichte)

Sonnabend, 4. Mai 2013, 10:00-13:00 Uhr

Doris Runge
Karl-Heinz Groth bei seinem Vortrag

Karl-Heinz Groth: Lehmann sagt: "Ich selbst bin den weitaus größten Teil meines Lebens ohne Hebbel ausgekommen"

Dr. Wolfgang Menzel trägt vor

Dr. Wolfgang Menzel: "Wir tauschten unsere Arbeiten wie Gastgeschenke aus" (Wilhelm Lehmanns Freundschaft mit Oskar Loerke)

Die Vortragstexte werden voraussichtlich im nächsten Heft SICHTBARE ZEIT veröffentlicht.

Wilhelm-Lehmann-Tage 2012

Programm Teil 1

Pro und Contra „Der Provinzlärm" von Wilhelm Lehmann

Einige Passagen aus dem geplanten Hörbuch, das der Schauspieler Hanns Zischler aufgenommen hat, kamen zu Gehör – anschließend wurde kontrovers über diesen Roman diskutiert, der in Eckernförde ein zwiespältiges Echo gefunden hatte. Pro und contra äußerten sich u.a. die Professoren Peter Nicolaisen und Uwe Pörksen sowie der ehemalige Studienrat an der Jungmannschule Jürgen Bauer und der Vorsitzende der Wilhelm-Lehmann-Gesellschaft Knut Kammholz zu diesem Roman und kamen darüber in ein lebhaft vom Publikum begleitetes Gespräch. Eindrucksvolle Wortmeldungen gab es u.a. von Marlies Egge, einer ehemaligen Schülerin und Kollegin Wilhelm Lehmanns, und von Prof. Dr. Johannes Voigt (Marbach).
Die ursprünglich geplante Lesung von Hanns Zischler musste der Schauspieler aus familiären Gründen kurzfristig absagen.

Programm Teil 2

Im Mittelpunkt des Programms am Sonnabend stand „Wilhelm Lehmann, der Pädagoge".

Knut Kammholz: Der Bilderstürmer. Lehmanns erster "Schul"-Roman

Ulrich Grober: Der Geist von Wickersdorf. Die Ideen des Reformpädagogen Gustav Wyneken

Claus Müller: Kantor ("Volksschul"-Lehrer) Lehmann

Jutta Johannsen: Zur Psychologie des Lehrers. Lehmanns Essay und das schleswig-holsteinische Schulgesetz

Podiumsgespräch: Pädagogik und Dichtung Wilhelm Lehmanns

Wilhelm-Lehmann-Tage 2011

18.11.2011

Nach der Mitgliederversammlung las David Scrase aus seiner neuen Lehmann-Biographie.

David Scrase, Wilhelm Lehmann. Biographie
Nico Bleutge

Der diesjährige Preisträger, Nico Bleutge, trug anschließend eigene Gedichte vor.

19.11.2011

David Scrase (Autor, University of Vermont) und Michael Lehmann (Übersetzer, Neffe Wilhelm Lehmanns) sprachen über die neue Biographie.

Anschließend stellte Jutta Johannsen das von Uwe Pörksen, Heinrich Detering und ihr herausgegebene Wilhelm-Lehmann-Lesebuch vor.

Wilhelm Lehmann. Ein Lesebuch. Ausgewählte Lyrik und Prosa

Würdigung des Kulturbeauftragten der Stadt Eckernförde, Sven Wlassack, der mit Eintritt in den Ruhestand und seinem Umzug nach Wien aus dem Vorstand der Wilhelm-Lehmann-Gesellschaft ausscheidet, durch den Vorsitzenden Knut Kammholz

Verleihung des Wilhelm-Lehmann-Preises an Nico Bleutge
Grußwort des Eckernförder Bürgermeisters Jörg Sibbel
Laudatio auf Nico Bleutge durch den Autor und Verleger Dr. Jochen Jung, Salzburg

Wilhelm-Lehmann-Tage 2010

Das Projekt "Mein Naturgedicht" fand unerwartet großes Interesse.
Zahlreiche Gedichte aus dem 20. und 21. Jahrhundert waren vorgeschlagen worden.

Die Hörer ...
... und die Leser (Fotos: Meisner-Zimmermann)

Mein Naturgedicht

Diese 28 Gedichte wurden am 20.11.2010 im Rahmen des Wilhelm-Lehmann-Nachmittags vorgetragen:

FRITZ DIETTRICH (1902-1964)

April

Nun fällt die Welt nicht mehr zurück
In Dunkelheit und Graun.
Komm, auf dem kleinsten Wiesenstück
Ein Wochenbett zu schaun!

Ob Blumen, Käfer oder Gras,
Ob Maulwurf oder Maus,
Die ganze Kreatur genas
und wagt sich froh heraus.

Dies Treiben hat die alte Welt
In Taumel hold versetzt,
Dem Baume Blüten zugesellt,
Ihn zart mit Grün benetzt.

Und auf Verderben und Gedeih
Hängt Blatt und Blättlein feucht
Und lebt sich langsam knitterfrei
Und freut sich im Geleucht.

Und wie dem Auge geschiehts dem Ohr:
Viel Stimmen fallen ein,
Und täglich reicher wird der Chor
An Vogelmelodein.

Was da durch Wald und Felder trollt,
Wenn nur das Licht erscheint,
Und was da kämpft und liebt und grollt,
Eh sichs in Lust vereint –

Als flösse Wein aus einem Quell,
Der alles rings berauscht,
Auch dich, der an verschwiegner Stell
Die Kreatur belauscht.

In dieses Herbstes Stunden

Noch immer stehen Blumen da,
Des Sommers letztes Gloria,
Zu schönem Strauß gebunden.
Und dennoch brechen fern und nah
Die Vögel auf nach Afrika
In dieses Herbstes Stunden.
Wenn ich die Züge kommen seh,
Ein Stück mit ihnen wandern geh,
Sie droben und ich drunten,
Geschiehts, dass ich, erfüllt von Weh,
Den letzten Flügel rudern seh,
Bis er dem Blick entschwunden.
Der Abend naht, und um mich her
Ist das Gefäß der Lieder leer,
Der Wald in Herbstes Stunden.
Und nur das Wörtlein „Wiederkehr“
Steht als ein Stern und leuchtet sehr,
Bis ich mich dreingefunden.

REINER KUNZE (geb. 1933)

Der sommer geht weg

Die diestel schmeichelt mit weichem fell
Die mohnblume wirft ihr kleid ab
wie eine schwangere
Die kamille franst aus
an den knöpfen
Die wegwarte schließt sich
und ergraut


SARAH KIRSCH (geb. 1935)

Selektion

Welche Unordnung die Rosenblätter
Sind aus den Angeln gefallen der Wind
Blies sie ums Haus auf die Gemüsebeete.
Streng getrennt wachsen hier in den Gärten
Magen- und Augenpflanzen, der Schönheit
Bleibt ein einziges Beet
Während den ausgerichteten Reihen Früher Kartoffeln Möhren Endivien Kohl
Ein Exerzierplatz eingeräumt wird.
Die Wirrnis des Gartens verwirrt
Auch den Gärtner, jetzt muss
Durchgegriffen werden angetreten Salat
Richtet euch Teltower Rüben Rapunzel
Auf den Abfallhaufen Franzosenkraut
Wucherblume falsche Kamille und Quecke
Es ist verboten die nackten Füße
Wieder ins Erdreich zu stecken.


ULLA HAHN (geb. 1946)

Endstadium

Aber die Hoffnung hat kein Verfallsdatum
Das Rauschen der Wellen
Das Rauschen der Wälder
Nur welkes Laub zerfällt und die Kronen aus Schaum.

PETER FOX (geb. 1971)

Haus am See (Songtext)

Hier bin ich gebor’n und laufe durch die Straßen! Kenn die Gesichter, jedes Haus und jeden Laden! Ich muss mal weg, kenn jede Taube hier beim Namen. Daumen raus ich warte auf ne schicke Frau mit schnellem Wagen. Die Sonne blendet alles fliegt vorbei. Und die Welt hinter mir wird langsam klein. Doch die Welt vor mir ist für mich gemacht!Ich weiß sie wartet und ich hol sie ab! Ich hab den Tag auf meiner Seite ich hab Rückenwind! Ein Frauenchor am Straßenrand der für mich singt! Ich lehne mich zurück und guck ins tiefe Blau, schließ die Augen und lauf einfach geradeaus.
Und am Ende der Straße steht ein Haus am See. Orangenblätter liegen auf dem Weg. Ich hab 20 Kinder meine Frau ist schön. Alle kommen vorbei ich brauch nie rauszugehen.
Ich suche neues Land Mit unbekannten Straßen, fremde Gesichter und keiner kennt meinen Namen! Alles gewonnen beim Spiel mit gezinkten Karten. Alles verlieren, Gott hat einen harten linken Haken. Ich grabe Schätze aus im Schnee und Sand. Und Frauen rauben mir jeden Verstand! Doch irgendwann werd ich vom Glück verfolgt. Und komm zurück mit beiden Taschen voll Gold. Ich lad‘ die alten Vögel und Verwandten ein. Und alle fangen vor Freude an zu weinen. Wir grillen, die Mamas kochen und wir saufen Schnaps. Und feiern eine Woche jede Nacht.
Und der Mond scheint hell auf mein Haus am See. Orangenblätter liegen auf dem Weg. Ich hab 20 Kinder meine Frau ist schön. Alle kommen vorbei ich brauch nie rauszugehen.
Und am Ende der Straße steht ein Haus am See. Orangenblätter liegen auf dem Weg. Ich hab 20 Kinder meine Frau ist schön. Alle kommen vorbei ich brauch nie rauszugehn.

ULRICH SCHACHT (geb. 1951)

Ferner Morgen

FERNER MORGEN, von dem ich träume:
Seine Weite wird ungeheuer sein.
Wir werden gehen können –aufrecht im Licht.
Das Wasser aller Bäche Flüsse Seen:
durchschaubar bis auf den Grund, wo der Tag
die Leiber der Fische versilbert. -
Und auch seine Klarheit wird uns gehören.
Wir werden sehen können alle Farben dieser Stunde:
das Schwarz schattenspendender Felsen,
das Rot einer behutsamen Sonne, das Gelb getreidebestandener Ebenen.
Und bald darauf werden wir Höfe betreten, vertraute Häuser, darin wir zuvor niemals waren – werden Brot und Salz finden


WALTER HELMUT FRITZ (1929-2010)

Bäume

Wieder hat man in der Stadt,
um Parkplätze zu schaffen,
Platanen gefällt.
Sie wussten viel.
Wenn wir in ihrer Nähe waren, begrüßten wir sie als Freunde.
Inzwischen ist es fast zu einem Verbrechen geworden,
nicht über Bäume zu sprechen,
ihre Wurzeln, den Wind, die Vögel,
die sich in ihnen niederlassen,
den Frieden, an den sie uns erinnern.

 

JÜRGEN BECKER (geb. 1932)

Natur-Gedicht

in der Nähe des Hauses,
der Kahlschlag, Kieshügel, Kratererinnern mich daran –
nichts Neues; kaputte Natur,
aber ich vergesse das gern,
solange ein Strauch steht

WILHELM LEHMANN (1882-1968)

Atemholen

Der Duft des zweiten Heus schwebt auf dem Wege,
Es ist August. Kein Wolkenzug.
Kein grober Wind ist auf den Gängen rege,
Nur Distelsame wiegt ihm leicht genug.

Der Krieg der Welt ist hier verklungene Geschichte,
Ein Spiel der Schmetterlinge, weilt die Zeit.
Mozart hat komponiert, und Shakespeare schrieb Gedichte.
So sei zu hören sie bereit.

Ein Apfel fällt. Die Kühe rupfen.
Im Heckenausschnitt blaut das Meer.
Die Zither hör ich Don Giovanni zupfen,
Bassanio rudert Portia von Belmont her.

Auch die Empörten lassen sich erbitten,
Auch Timon von Athen und König Lear.
Vor dem Vergessen schützt sie, was sie litten.
Sie sprechen schon. Sie setzen sich zu dir.

Die Zeit steht still. Die Zirkelschnecke bändert
Ihr Haus. Kordelias leises Lachen hallt
Durch die Jahrhunderte. Es hat sich nichts geändert.
Jung bin mit ihr ich, mit dem König alt.

GÜNTER EICH (1907-1972)

Ende eines Sommers

Wer möchte leben ohne den Trost der Bäume!
Wie gut, dass sie am Sterben teilhaben!
Die Pfirsiche sind geerntet, die Pflaumen färben sich,
während unter dem Brückenbogen die Zeit rauscht.

Dem Vogelzug vertraue ich meine Verzweiflung an.
Er misst seinen Teil von Ewigkeit gelassen ab. Seine Strecken
Werden sichtbar im Blattwerk als dunkler Zwang,
die Bewegung der Flügel färbt die Früchte.

Es heißt Geduld haben.
Bald wird die Vogelschrift entsiegelt,
unter der Zunge ist der Pfennig zu schmecken.

JAN WAGNER (geb. 1971)

Herbstvillanelle

den tagen geht das licht aus
und eine stunde dauert zehn minuten.
die bäume spielten ihre letzten farben.

am himmel wechselt man die bühnenbilder
zu rasch für das kleine drama in jedem von uns:
den tagen geht das licht aus.

dein grauer mantel trennt dich von der luft,
ein passepartout für einen satz wie diesen:
die bäume spielten ihre letzten farben.

eisblaue fenster – auf den wetterkarten
der fernsehgeräte die daumenabdrücke des tiefs.
den tagen geht das licht aus,

dem leeren park, dem teich: die enten
werden an unsichtbaren fäden aufgerollt.
die bäume spielten ihre letzten farben.

und einer, der sich mit drei sonnenblumen ins dunkel tastet,
drei schwarzen punkten auf gelb:
den tagen geht das licht aus.
die bäume spielten ihre letzten farben.

OSKAR LOERKE (1884-1941)

Weichbild

Niemand ging verloren.
Das Korn selbst schläft gezählt in den Ähren,
Doch bangt sich ein Wehruf unstillbar.

Niemand ward erschlagen.
Doch bücken im Zwielicht sich Hände
Und waschen Blut von der Erde.

Alles hat seinen Ort: hier bin ich!
Im Garten blühn Pantoffelblumen.
Ach! und die Sterne steigen
In die verlassenen Wassertröge.

Blauer Abend in Berlin
Der Himmel fließt in steinernen Kanälen,
Denn zu Kanälen steilrecht ausgehauen
Sind alle Straßen, voll vom Himmelblauen;
Und Kuppeln gleichen Bojen, Schlote Pfählen

Im Wasser. Schwarze Essensdämpfe schwelen
Und sind wie Wasserpflanzen anzuschauen.
Die Leben, die sich ganz im Grunde stauen,
Beginnen sacht vom Himmel zu erzählen,

Gemengt, entwirrt nach blauen Melodien.
Wie eines Wassers Bodensatz und Tand
Regt sie des Wassers Wille und Verstand

Im Dünen, Kommen, Gehen, Gleiten, Ziehen.
Die Menschen sind wie grober bunter Sand
im linden Spiel der großen Wellenhand.

PETER HUCHEL (1903-1981)

Psalm

Dass aus dem Samen des Menschen
Kein Mensch
Und aus dem Samen des Ölbaums
Kein Ölbaum
Werde, Es ist zu messen Mit der Elle des Todes.
Die da wohnen
Unter der Erde In einer Kugel aus Zement, Ihre Stärke gleicht
Dem Halm Im peitschenden Schnee.
Die Öde wird Geschichte. Termiten schreiben sie
Mit ihren Zangen In den Sand.
Und nicht erforscht wird werden
Ein Geschlecht,
Eifrig bemüht,
Sich zu vernichten.

CHARLES LATANE

Meeresbiologische Erkenntnisse

Es hat der Hering, so viel ist klar,
An Bauch und Rücken kein einziges Haar.
Klar ist auch, der Scholle Augen
Beide zur selben Seite schaugen.
Am klarsten aber ist in jedem Falle Die Qualle

WILHELM LEHMANN (1882-1968)

Der Unheilige

Schwarzgefleckt sind meine Schwingen
Dichten muss ich um zu leben
Jenseits meines Weges liegt das Land der blauen Schatten
Finkenbunte Bäume schütteln sich ihr Gefieder
Sieh, die Ammer kennt man schon im Fluge an dem langen Schwanze
Und der Sommersänger hat vier rostig braune Flügel –
Eilig sind in diesem Jahr gereift die Früchte
Die Kastanie und die Hagebutte wölbt sich schon:
Fruchtlos zieh ich meine heißen dürren Wege
Dichten muss ich um zu leben.

OSKAR LOERKE (1884-1941)

Diesseits

Da die Sonne mit ihrem Winde
Die Wipfel der Linden und Lebensbäume
Auseinanderbläst und eintritt:
Weckt mich Licht und Gerausch, als verschlüge
Jemand ein Buch mir, das ich, entwandert,
In seinem Jenseits gelesen hätte –
Nun ist es aus meinen Händen verschwunden.
Doch Licht ruft in Zungen aus dem Blattzelt:
Ich habe keine heiligen Schriften geschrieben, Ich wollte niemals heilige Schriften schreiben, Ich will im schönen Erdengarten bleiben.

KAY HOFF (geb. 1924)

Privat

Wenn endlich, sehr spät,
das einsame Fenster verlischt, und die Nacht
sickert ungeklärt in die Zeit ,
trübe von eitlen Hoffnungen,
vergeblichen Wünschen:
träumst du, vielleicht,
noch einmal die offene See,
den seidigen Strand unter dir, unter uns
weißt den Widerschein von Wellen und Steinen
und die alten Wahrheiten,
mit denen wir lebten
und leben.

INGE TITZCK (geb. 1931)

Amrum

Sonne leuchtet uns fort
vom Treiben der Welt
Wind verwirbelt
ihre Wortfetzen zu Unendlichkeit verwehen unsere Spuren
im Sand der Dünen unterm Horizont
strahlt Ginster in seinem Gelb
die Lerche steigt
aber unser Fuß
berührt die Erde

GOTTFRIED BENN (1886-1956)

Astern

Astern – schwälende Tage,
alte Beschwörung, Bann,
die Götter halten die Waage
eine zögernde Stunde an.

Noch einmal die goldenen Herden
der Himmel, das Licht, der Flor,
was brütet das alte Werden
unter den sterbenden Flügeln vor?

Noch einmal das Ersehnte,
den Rausch, der Rosen Du –
der Sommer stand und lehnte
und sah den Schwalben zu,

noch einmal ein Vermuten,
wo längst Gewissheit wacht:
die Schwalben streifen die Fluten
und trinken Fahrt und Nacht.

Anemone

Erschütterer -: Anemone,
die Erde ist kalt, ist nichts,
da murmelt deine Krone
ein Wort des Glaubens, des Lichts.
Der Erde ohne Güte.
der nur die Macht gerät,
ward deine leise Blüte
so schweigend hingesät.
Erschütterer -: Anemone,
du trägst den Glauben, das Licht,
den einst der Sommer als Krone
aus großen Blüten flicht.

OSKAR LOERKE (1884-1941)

Pansmusik

Ein Floß schwimmt aus dem fernen Himmelsrande,
Drauf tönt es dünn und blass
Wie eine alte süße Sarabande
Das Auge wird mir nass.
Es ist, wie wenn den weiten Horizonten
Die Seele übergeht,
Der Himmel auf den Ebnen, den besonnten,
Aufhorcht wie ein Prophet.

Und eine arme Weise in die Ohren
Der höhern Himmel spricht:
Das Spielen wankt, im Spielen unverloren,
Das Licht wankt durch das Licht.

Heute fährt der Gott der Welt auf einem Floße,
Er sitzt auf Schilf und Rohr,
Und spielt die sanfte, abendliche, große,
Und die spielt die Welt sich vor.

Er spielt das große Licht der Welt zur Neige,
Tief aus sich her den Strom
Durch Ebnen mit der Schwermut langer Steige
Und Ewigkeitsarom.

Er baut die Ebenen und ihre Städte
Mit weichen Mundes Ton
Und alles Werden bis in dieses späte
Verspieltsein und Verlohn:

Doch alles wird zu stillendem Genusse
Den Augen bloß, dem Ohr.
So fährt er selig auf dem Flusse
Und spielt die Welt sich vor.

So fährt sein Licht und ist bald bei den größern,
Orion, Schwan und Bär:
Sie alle scheinen Flöße schon mit Flößern
Der Welt ins leere Meer.

Bald wird die Grundharmonika verhallen,
Die Seele schläft mir ein,
Bald wird der Wind aus seiner Höhle fallen,
Die Tiefe nicht mehr sein.
Das Brausen

Hört das Geklirr, hört das Gescharr!
Ins Ohr schleppt uns die Welt der Wind.
Ihr nennt uns irr, ihr nennt uns Narr,
Weil wir dem Wehn verschworen sind.
Ihr hört im Walde nur Gelull,
Und wie ihr wollt, lullt es euch ein.
Der Holzwurm sägt, es fällt der Mull,
Bald wird kein Wald gewesen sein.
Bleibt reich! Wir lagern uns im Ton
Des Wehns auf eine Gabel Stroh,
Wir sind sein Sohnessohn und Sohn;
Wie klang es einst? Es klingt noch so:
Wenn es, wo Herbst, der Vielzahn, äst,
Durch gelb und roter Runen Fall
Aus einem andern Reiche bläst,
Dann tritt die Göttin aus dem Schwall.
Sie spricht uns an: „Verwaltet ihr
Das Wesen Wind, das Wesen Licht,
So walten wir. Erkaltet ihr
Und lebt nur euch, so sind wir nicht.“

LUDWIG GREVE (1924-1991)

Bei Ebbe I

Sand über Sand: die Körner, jedes ein Lichtkorn.
Unsere Füße glänzen,
wenn sie aufnimmt das leicht gehäufte Grab,
und sie entrinnen leichter, der Kraft enthoben.

Vorne, am feuchten Rand der Insel,
trägt uns der Rücken großen Fisches; die Wellen
drückten ihm Schuppen ein,
eh sie auf zart geschriebener Grenze
Abschied nahmen. Einige, halb gezähmt,
hüllen das Licht in Körper; ich sehe es atmen,
während langsam das Ufer
Strömung, Strömung mit glasiger Haut überzieht.
Nimm das Feste von uns,
Meer, beruhige diesen störrischen Willen.
Draußen dein Schwall, dein Sturz und wieder die Glätte
rollenden Augapfels: Erde, Sonne
auf deiner Iris – erschüttert vom Anfang,
trübt sich das Weiße, runzelt und bricht die Wellen.
Hier. Im Ruch gefangener Fische.
Auf dem Boden, tönend wie eine Brust,
Halme, vom Wind gestriegelt, blinken metallisch,
aber der Eintönige, Helle
facht kein Feuer mehr an. Die Haare streift dir
Dämmerung, weißer Flügel. Wir sind allein.
Um uns die leere, Salzkorn an Salzkorn;
Leere, Erwartung -.

REIMER WITTMANN

Herbstlicher Waldgang

Zwielicht und frühe Dämmrung
begleiten meinen Gang,
mir nach vom First im Ohre
tönt später Amsel Sang.
Der Waldpfad, hell und dunkel,
gefleckt vom milden Licht,
ein Specht, energisch hämmernd,
die Stille unterbricht.
Wie auf geheimes Zeichen
löst sich das Blatt vom Baum,
ein Moderduft von Pilzen,
am Himmel Zirrenschaum.
Laub, Moos und Fichtennadeln
dämpfen den schnellen Schritt ,
grotesk gelängt, mein Schatten
wandert beharrlich mit.
Der glatte Stamm der Buche
zieht wipfelwärts den Blick,
verweilt in dunkler Krone,
kehrt bald zum Grund zurück.

Garten im Dezember

Es ruhen die Hortensien,
Glyzinie entlaubt;
Wind beugt der Felsenbirne
das blanke, kühle Haupt.

Der Feuerdorn erloschen,
zerschlissen Vogelnest;
nur noch das Gimpelmännchen
rotbrüstig im Geäst.

Der Oleander schlummert
im Gartenhaus vermummt;
Grasmücke längst verflogen,
Amselgesang verstummt.

Auf dem Podeste Amor
eisgrau und regennass;
Krähen und Elstern schnarren,
der Rasen winterblass.

Das blaue Flammenwunder
des Rittersporns – verglüht;
Nebel und Grabeskühle
im Garten, im Gemüt.

Ich bin wie die Erzväter
des Lebens übersatt;
die Lust ist ausgelaufen,
Gehirn und Sinne matt.

Doch Ribes, Rhododendron
sind schon von Knospen schwer.
Herz, wirst du wieder tauchen
in Sommers Blütenmeer?

WILHELM LEHMANN (1882-1968)

Abgeblühter Löwenzahn

Verwandle dich und werde leicht,
Zerfasere zu Samenhaar,
Gemindert schwebt, ein dünnes Korn,
Was gestern Strahlenball noch war.

Verwandlungsträchtig, warst du kaum,
Und saugst dich frisch im Leben fest,
Das dich und mich, treuloser Staub,
An keiner Stelle weilen lässt.

Begleite Vers die Flüchtigkeit.
Gebiete er, gebiete zart;
Sei, wie von meinem Finger du,
Das Schwindende von ihm bewahrt.

Ein zweites Dasein überwächst
Das erste, das geopfert liegt.
Verweh es denn wie Löwenzahn,
Damit es traumgekräftigt fliegt.

Wilhelm-Lehmann-Tage 2009

Vortrag Prof. Dr. Heinrich Detering
"Das Bukolische Tagebuch im Zusammenhang mit der ökologischen Dichtung und Literatur"
(Dieser Vortrag wird in der Reihe "Sichtbare Zeit" der Wilhelm-Lehmann-Gesellschaft veröffentlicht.)

Lesung Jan Wagner, Wilhelm-Lehmann-Preisträger 2009
"Achtzehn Pasteten und andere Gedichte"

Im Mittelpunkt der Lehmann-Tage stand die erstmalige Verleihung des Wilhelm-Lehmann-Preises der Stadt Eckernförde.

Jan Wagner, der erste Preisträger des Wilhelm-Lehmann-Preises, 2009

Wilhelm-Lehmann-Tage 2006-2008

Wilhelm-Lehmann-Tag 2008

Hanns Zischler (Berlin) liest aus "Der Provinzlärm" an Originalschauplätzen des Romans

Hanns Zischler

Wilhelm-Lehmann-Tage 2007

u.a. Festvortrag "Von Venezuela nach Venezuela" (Dr. Jochen Jung, Salzburg)
"Das Indische im Werk Wilhelm Lehmanns" (Knut Kammholz)

Junge Poeten lesen aus eigenen Werken und berichten über ihre Beziehung zu Wilhelm Lehmann:
Daniela Seel ("kookbooks", Berlin) – Uljana Wolf (Peter-Huchel-Preis 2006, Berlin) – Hendrik Jackson (Hans-Erich-Nossack-Förderpreis 2006, Berlin)

Wilhelm-Lehmann-Tag 2006

Die Stadt Eckernförde und der Museumsverein Eckernförde e.V. richten
eine Ausstellung im Museum Eckernförde ein (in Zusammenarbeit mit der WLG und dem Literaturarchiv Marbach)

Wilhelm Lehmann 1882-1968.
Dichter – Essayist – Lehrer in Eckernförde

Ausstellungseröffnung: Wilhelm Lehmann 1882-1968. Dichter - Essayist - Lehrer in Eckernförde

Wilhelm-Lehmann-Tage 2005

Wissenschaftliches Symposium
Wilhelm Lehmanns Begriff von Dichtung

Moderation Prof. Dr. Uwe Pörksen, Freiburg
Der Überläufer (Dr. Wolfgang Menzel, Karlsruhe)
Der Provinzlärm (Prof. Dr. Peter Nicolaisen, Flensburg) 
Das Naturgedicht Lehmanns (Prof. Dr. Heinrich Detering, Göttingen) 
Dichtung als Dasein. Zu Lehmanns Poetologie (Prof. Harald Hartung, Berlin)

v.l.n.r. Dr. Wolfgang Menzel, Prof. Dr. Peter Nicolaisen, Prof. Dr. Uwe Pörksen, Prof. Dr. Heinrich Detering, Prof. Harald Hartung